Nuraghe Losa

Wenn jemand Ihnen sagte, dass es mitten in Europa Tausende von (bisweilen riesigen) Bauwerken aus der Bronzezeit - also teilweise fast 4000 Jahre alt - gibt, auf denen man, ohne Eintritt zu zahlen, einfach so herumlatschen kann, ...

...die noch immer als Steinbruch missbraucht werden, und an denen Heerscharen von Touristen achtlos vorbeifahren - Sie würden es wohl nicht glauben. Und doch ist es so.

Geschätzte 6000 (von evtl. einst bis zu 9000) solcher Bauwerke stehen - mehr oder minder gut erhalten - auf Sardinien. Die sog. Nuraghen.

Sowohl auf Italienisch wie auf Sardisch ist das Substantiv übrigens maskulin, trotzdem verlangt der Duden, die Nuraghe zu sagen, in Anlehnung an andere Wörter auf -e. Folgt man der neuesten deutschen Rechtschreibung, so schreibt man Nurage ohne h (aber dann würde es auf Italienisch wie /nuraadsche/ klingen). Nun ja, wir behandeln es im Folgenden wie ein ital. Fremdwort, schreiben es mit h und sagen der Nuraghe.

Man weiß weder genau, wo der Name herkommt (evtl. aus dem Phönizischen nur, das mit Feuer zu tun hat und auf einen Sonnenkult hindeuten könnte; der selbe Wortbestandteil kann aber auch als Hügel gedeutet werden, als Hinweis auf einen iberischen Helden Norax u.v.m.), noch ist sicher, wozu die Bauwerke benutzt wurden (Burg, Versammlungsstätte, Kultstätte).

Halbwegs klar ist, dass die ersten Nuraghen um 1800 v. Chr., die letzten etwa 1100 v. Chr. errichtet wurden (an denen teilweise aber noch bis etwa 300 v.Chr. weiter- bzw. angebaut wurde).

Es gibt verschiedene Bauformen: Allen "klassischen" Nuraghen (i.Ggs. zu den sog. "Korridor-Nuraghen") gemeinsam ist ein steinerner Turm mit Innentreppe, der eine Höhe von 20 Metern und - an der Basis - einen Durchmesser von bis zu 50 Metern erreichen kann (bei einer Mauerdicke von bis zu vier Metern).

Der Eingang, der in aller Regel nach Süden weist, führt im Inneren an einer oder mehreren Nischen vorbei zu einem runden Raum, der häufig nach oben durch ein Kraggewölbe (falsches Gewölbe) geschlossen ist.

Außen können sich noch mehrere keinere Gebäude anschließen oder um den Turm gruppieren oder mehrere Nuraghen können untereinander zu einem ganzen "Dorf" verbunden werden.

Der Nuraghe Losa ist einer der größten und am besten erhaltenen, außer dem Hauptturm (erbaut zwischen 1500 und 1300 v. Chr.) ...

...finden sich einige Nebengebäude, drei im Dreieck angeordnete Nebentürme und eine Umfassungsmauer, außerhalb davon ein Urnenfeld.

Von der Spitze des Nuraghen genießt man einen herrlichen Rundumblick.

Während der Zutritt zu den meisten anderen - manchmal nur rudimentär erhaltenen - Nuraghen frei ist, bezahlt man für diesen (und einige andere so hervorragend erhaltene) ein paar Euro Eintritt.

Das Geld hilft nicht nur beim Erhalt des Bauwerks, sondern auch bei Finanzierung weiterer Ausgrabungen (bisher ist nur ein Teil des gesamten Komplexes sichtbar) und der museumspädagogischen Aufbereitung der Führungen, die man auf der website (http://www.nuraghelosa.net) buchen kann.

Besonders die Pakete für Schulklassen und Studenten, die den Nuraghen unter verschiedenen Aspekten beleuchten und neben der einstündigen Führung alle ca. zwei Stunden handwerkliche Betätigung im "Laboratorio" beinhalten, erscheinen sehr empfehlenswert - sind allerdings alle in italienischer Sprache.

Zum Ausdrucken: Wir haben im Routenplaner von Google für Sie die beste Strecke ausgewählt